Der wilde Osten

Auf besonderen Wunsch einer einzelnen Person (Klaus vom Cab-Log Berlin) will ich heute mal aus dem Nähkästchen plaudern und dabei meine eigenen Erlebnisse als roten Faden  verwenden.
Nachdem ich einige Jahre ausschließlich in meinem Beruf, den man heutzutage Industrieelektroniker, Mechatroniker oder ´was weiß ich´ nennt, gearbeitet habe, fand ich irgendwann als Techniker in die ´Diskoszene´, natürlich nur nebenberuflich. Das wäre aber schon wieder ein eigenes Thema und deshalb will ich nur kurz erwähnen, daß ich irgendwann davon die Schnauze voll hatte, weil jeder 15jährige Gernegroß behauptete, er kenne viel bessere Musik und hätte viel, viel bessere Tontechnik und BlaBlaBla…! Deshalb habe ich sofort die Chance genutzt, als unsere Staatsoberen ein Gesetz zur nebenberuflichen Ausübung eines Taxigeschäfts erließen. Ursache dafür waren Eingaben der Bürger, daß die Versorgung mit Transportleistungen unzureichend ist, so ungefähr lautete das Amtsdeutsch. Voraussetzungen waren eigentlich dieselben wie heute: Polizeiliches Führungszeugnis, eine Art TÜV für das Auto sowie gesundheitliche Eignung.

Das einzig DDR-spezifische war nur die Meinungseinholung des arbeitsrechtlichen Vorgesetzten, ob man auch ´tragbar ´ist. Wenn alles paßte, bekam man beim VEB Taxi Dresden die Verkabelung für das Taxischild sowie den Einschub für den „BOTAX“ eingebaut und konnte dann unter Einsatzleitung ebendieses VEB seine Dienste planen.

DDR-Taxameter

Gefunden bei http://www.ddr-rechentechnik.de/

Dafür mußte nur ein Pfennigbetrag für die Ausleihe des Taxameters und des Taxischildes entrichtet werden. Die obligatorische Ordnungsnummer gab es für uns in Form eines Kunststoffschildes im Format A5 mit aufgedruckter Nummer.
So gerüstet konnte man nun völlig eigenständig in den Kampf ziehen. Aber wie schon gesagt: Es gab zwar auch ´Saure Gurken Zeiten´, aber im Prinzip waren Taxen knapp, wodurch man eben gewisse Privilegien genoß.
Interessant ist dabei aber auch eine Kleinigkeit der Firmen und Fahrer untereinander: Es gab natürlich auch damals eine Taxigenossenschaft, die wie heute die privaten Taxiunternehmer bündelte und das Betreiben einer Zentrale möglich machte. Bei diesen Firmen wurden Fahrzeuge aller Marken eingesetzt, die eigentlich nur am Dachschild als Taxi erkennbar waren. Beim VEB Taxi – also dem volkseigenen Modell – waren fast ausschließlich Wolgas im Einsatz (siehe auch mein Artikel ´Herrliche(r) Wolga´). Ich weiß nicht, wer genau der Initiator war, aber wir ´Zetteltaxen´mußten im Gegensatz zu den etatmäßigen Fahrzeugen unser Dachschild auf der rechten Fahrzeugseite befestigen, warum auch immer.
Zetteltaxen konnten es eigentlich recht locker angehen lassen, denn während alle anderen Umsatzlohn bekamen (soviel zum von Aro angesprochenen Thema Festgehalt) und auch unbedingt auf Schnitt fahren mußten, konnten wir es uns leisten einfach wegzufahren, wenn ein Ständer nicht lukrativ erschien.
Interessant ist auch eine Erkenntnis betreffs der Frage, mit welcher Gruppe Fahrgäste man die höchsten Umsätze macht. Heute muß man eigentlich die Kassenfahrten nennen, aber für damals würde ich dann doch die – Vietnamesen in die erste Reihe rücken.  Unser Land war voll von ihnen und sie waren schon immer sehr geschäftstüchtig. Dadurch und durch die Tatsache, daß sie auch harte Währung in geringen Mengen besaßen hatten sie beste Voraussetzungen Geschäfte zu machen. Soweit ich mich erinnern kann, habe ich alle meine wenigen Fernfahrten mit ihnen gemacht.

OK, das soll´s erst mal gewesen sein. Fragen werden gern beantwortet.

PS: Dieser Artikel geht auch speziell an Torsten Bentrup aus Paderborn. Als ich mein Blog eröffnete schrieb er mir, daß er gespannt sei auf den ´Wilden Osten´. Also Torsten: Das ist die erste Tranche.

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Über Bernd

Baujahr 1955, männlich, nicht mehr zu haben, Mechatroniker, Elektriker, Technikinformatiker und - natürlich - Taxifahrer
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1 Antwort zu Der wilde Osten

  1. Klaus sagt:

    Danke.
    Gerne auch ein paar Geschichten aus dieser Zeit.
    Es ist inzwischen tatsächlich so, dass man im Netz mehr Dokumentationen über die Zeit 17. Jahrhundert finden kann, als über den Alltag in der DDR-Zeit.

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